Am Mittwoch, den 12.06.2019, stand für mich etwas Aufregendes an!
Ich war eingeladen zur 5. Regionalen Gesundheitskonferenz der Gesundheitsregion Göttingen/Südniedersachsen. Unter dem Motto „Gesundheitsvorsorge 2030 – Neue Möglichkeiten für das Leben mit Diabetes“ waren neben Pia Maier (aus der Abteilung Gesundheitsmanagement der BERLIN-CHEMIE AG) auch Dr. Carola Reimann (Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung), Dr. Thomas Suermann (2. Vorsitzender der Gesundheits-
region Göttingen/Südniedersachsen) und Prof. Dr. Heyo K. Kroemer (zukünftiger Vorstandsvorsitzender der Charité in Berlin) geladen.
Ach, und dann war da ja noch ich.

Ich wurde eingeladen, um über das Leben eines Diabetikers zu sprechen und was ich mir persönlich für das Jahr 2030 wünsche. In der Hochschule musste ich schon viele Präsentationen halten, das war irgendwie Routine – aber über mich selbst reden? Anfangs wusste ich gar nicht, was denn die Menschen da draußen so interessieren könnte. Schließlich waren hohe Gäste geladen und ich bin doch „nur“ eine Diabetikerin unter vielen.
Der Moderator des Nachmittags war Thomas Kopietz (Leiter der HNA-Redaktion Göttingen), welcher uns mit einer lockeren Art durch die drei Stunden führte. Nach der Eröffnungsrede und dem Einführungsvortrag Dr. Reimanns ging es dann direkt ans Eingemachte: eine Podiumsdiskussion. Nathalie ganz alleine unter wichtigen Persönlichkeiten. Es war Neuland für mich, angefangen bei den vielen fremden Menschen bis hin zum Mikrofon (und meine Stimme durch die Lautsprecher zu hören).
Vor lauter Aufregung stellte ich mich natürlich ganz simpel vor: „Hallo, ich bin Nathalie und komme aus Würzburg.“ 😀 manche nannten es authentisch, ich fand es kurz peinlich, dass ich mich nicht mit vollem Nachnamen (auf eine professionelle Art und Weise) vorgestellt habe. Aber irgendwie war für mich dann das Eis gebrochen, jetzt konnte ja nicht mehr viel passieren.

Es war sehr interessant, verschiedene Sichtweisen, Einstellungen und Perspektiven aus den unterschiedlichen Bereichen zu hören. Für mich ist das Thema sehr persönlich, da ich selbst an Diabetes erkrankt bin, für andere Teil des Berufs und wieder andere sind aus purem Interesse hier und diskutieren mit.
In der Kaffeepause kam ich gar nicht erst zum Kaffee. Schon jetzt waren sehr viele an mir und meinem Krankheitsverlauf interessiert. Ich durfte sehr nette Menschen kennenlernen und mich mit ihnen austauschen. Da waren die 45 Minuten Kaffeepause sogar zu kurz!
Und dann … dann kam mein Moment. Herr Kopietz stellte mich nochmals kurz dem Publikum vor. Er hat selbst meinen Blog zuvor gelesen (falls Sie das hier ebenfalls lesen: Hallo 🙂 ), und für mich war es sehr interessant zu sehen, wie meine Arbeit auf Außenstehende wirkt. Mit einem Zitat meinerseits übergab er mir das Mikrofon: Der Diabetes und ich sind ein Team geworden.
Ein emotionaler Mensch, wie ich einer bin, musste ganz kurz mit einem Tränchen kämpfen – es ist immer wieder etwas komplett anderes, wenn Außenstehende meine Arbeit hier zu schätzen wissen.
Ja, und dann ging’s los. Dass ich tierisch aufgeregt war, muss ich wohl nicht erneut erwähnen. Aber sobald ich die ersten Worte gesagt hatte, ging alles von alleine. Ich habe in den Augen der Zuhörer Interesse, Neugier, Freude, Traurigkeit und Enttäuschung gesehen. Anfangs erzählte ich meine Vorgeschichte, wie schon 2016 erste Anzeichen zu sehen waren, 2017 dann der Gewichtsverlust begann und ich dann 2018 10 Liter Wasser täglich getrunken hatte. Wie ich schnell begriff, dass ich mit dieser Krankheit selbst auskommen und leben muss, und was mir dann persönlich sehr viel half. Die 20 Minuten waren schnell vorbei, ich hätte sehr gut eine ganze Stunde erzählen können!
Was ich auch nach meinem Vortrag gemerkt habe, ich bin nicht alleine mit diesen Erfahrungen. Viele erzählten mir, dass sie genau dieselben Erlebnisse im Krankenhaus oder beim Arzt hatten.
Mein Wunsch für das Jahr 2030: Eine bessere Aufklärung – angefangen bei den Ärzten, bis hin zu der normalen Bevölkerung. Das Bild des „dicken, alten Diabetikers“ muss aus unseren Köpfen verschwinden. Der Jüngste Typ 2 Diabetiker ist 5 Jahre jung, und der Typ 1 Diabetes erlebt derzeit eine Welle an Diagnosen. Bei meiner Diagnose dachte ich auch sofort, dass es nicht möglich ist – denn ich war ja nicht alt und dick. Genau da fängt das Problem an.
Ein weiterer Punkt ist der Mangel an Ärzten. Meine Krankheit bedarf einen regelmäßigen Check beim Doc & Co., aber was, wenn ich in ein paar Jahren nur noch 3 Minuten Sprechzeit haben werde? Es wurde davon gesprochen, dass es mehr Studienplätze geben soll – dann fangt mal bei meiner Freundin Sally an, welche seit 2013 sich aktiv auf einen Medizinstudienplatz bewirbt und nichts bekommt! Abitur mit 1,.. & und abgeschlossene Ausbildung als Krankenschwester. (Das musste jetzt auch mal gesagt werden!)
Ich bekam viel Zuspruch und positives Feedback, viele haben dieselben Probleme und Erfahrungen machen müssen. Unsere Krankheit verläuft bei uns oftmals total unterschiedlich, aber irgendwie doch gleich 💙.
Ich möchte mich hiermit nochmals ganz herzlich bei der Gesundheitsregion Göttingen/Südniedersachen für dieses tolle Event bedanken! Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich schon so kurz nach der Diagnose die Chance bekommen habe, vor Publikum über meine Krankheit zu sprechen. Die Atmosphäre war super – das nächste Mal gerne mit mehr Zeit!
Lieben Dank auch an Alle, die an diesem Event teilgenommen haben. Ich weiß, dass ich nach meinem Vortrag leider nicht mehr viel Zeit zum Reden und Austauschen hatte. Ich hoffe, dass man sich bald woanders wieder trifft, ansonsten darf man jederzeit mit mir Kontakt aufnehmen.
Eure Nathalie
(Disclaimer: Meine Reisekosten wurden seitens der Gesundheitsregion übernommen.)
Ein Kommentar zu „„Hallo, ich bin Nathalie.““